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Die Regeln der Lebenskunst in der modernen Gesellschaft

de Jean-Luc Lagarce

Texte original : Les Règles du savoir-vivre dans la société moderne traduit par Isabelle Menke

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Die Regeln der Lebenskunst in der modernen Gesellschaft : Auszug 1: Die geburt

DIE DAME

Wenn das Kind tot geboren wird, eine Totgeburt ist, muss man, dennoch, muss man trotzdem seine Geburt melden. Seine Geburt melden und seinen Tod melden, und ein Arzt wird bescheinigen müssen, dass der Tod der Geburt voranging.

So fängt es an.

Wenn das Kind lebend geboren wird, lebend geboren ist, wenn das Kind lebt,
auch das kommt vor zuweilen,
wenn das Kind lebend geboren wird, muss seine Geburt im Rathaus des Ortes, in dem die Mutter niedergekommen ist, gemeldet werden. Die Anmeldung muss in den drei Tagen nach der Niederkunft erfolgen.
Danach wäre es zu spät, man würde den Eintrag ins Geburtsregister nur zum Preis von tausend Scherereien bekommen, von tausend Ausgaben, das ist nicht zu unterschätzen, und Strafen, die das Gesetz vorsieht.
Diese Verpflichtung,
die Anmeldung im Rathaus des Ortes,
diese Verpflichtung ist Sache des Vaters. Sie obliegt ihm.

Wenn der Vater nicht erscheinen kann und keine Vollmacht erteilt hat,
wenn er krank ist, abwesend, vorstellbar, oder tot, möglich,
wird die Anmeldung vom Arzt gemacht, oder der Hebamme, von denen, die die Mutter
entbunden haben, oder durch irgendjemand anderen, der bei der Entbindung zugegen war,
Ich weiß nicht, irgendwer.

Wenn Zwillinge geboren werden, falls es Zwillinge sind, angenommen, die Kinder werden als Zwillinge geboren und beide bleiben am Leben,
muss man,
wird man,
muss man angeben, in welcher Reihenfolge sie geboren worden sind, damit bestimmt werden kann, welches das ältere ist, wer der ältere ist, welches von ihnen das ältere ist.

Wenn der Vater, wiederum, und bei Zwillingen, lebend geborenen Zwillingen erst recht, in doppelter Hinsicht, der Ausdruck ist treffend, wenn der Vater nicht im Rathaus erscheinen kann und er keine Vollmacht erteilt hat, wenn er krank ist, abwesend, vorstellbar, oder tot, möglich, erfolgt die Anmeldung durch den Arzt oder die Hebamme, wieder diese beiden, oder durch irgend jemand anderen, der bei der Entbindung zugegen war,
ich weiß nicht, irgendwer.

Wenn jemand zufällig ein neugeborenes Kind finden würde,
„einfach so“, ich weiß nicht, irgendwo, auf der Strasse, Saint-Vincent de Paul,
müsste er es sofort melden, egal ob das Kind nun tot geboren ist, lebend, oder als
Zwilling, dann in doppelter Hinsicht, genau dasselbe, keine andere Vorgehensweise.

Um es zu melden, bringt man das Kind ins Rathaus, damit der Standesbeamte das Geschlecht bestimmen kann, den Jungen vom Mädchen unterscheiden kann und umgekehrt.
Damit ist nicht zu spaßen.

Um den Vorgang, unter den geltenden Bedingungen, abzuschließen,
– französische Staatsangehörigkeit, Zeichnungsberechtigung, das versteht sich, Wohnsitz in dem Landkreis des Ortes, in dem die Urkunde ausgestellt wird –
um den Vorgang abzuschließen, die Anmeldung des Kindes, ist es unverzichtbar, zwei Zeugen aufzubringen. War immer so und wird noch lange so sein.
Man gibt seinem Erstgeborenen gewöhnlich seinen Großvater väterlicherseits als Paten,
als Patin seine Großmutter mütterlicherseits.
Das zweite Kind bekommt dann als Paten seinen Großvater mütterlicherseits und als Patin seine Großmutter väterlicherseits.

Und dann so weiter, jeweils beide Familien nach Alter und abwechselnd in den Geschlechtern, sofern es möglich ist. Das ist nicht kompliziert.

Wenn man es aber genauer bedenkt, und dazu bin ich da, beklagenswerter Brauch, muss es so sagen und erkläre warum.
Pate und Patin sind und waren schon immer Ersatz-Vater und -Mutter. Nichts anderes. Und wenn sie schon alt sind, wie es bei den Großeltern zu befürchten und vorhersehbar ist, könnte das Kind sie schon sehr bald verlieren, und mit ihnen zugleich den Halt verlieren, den man ihm hatte geben wollen.
Es ist darum klug, es wird klug sein, Gegenstand meiner Überlegung, einen Paten und eine Patin zu wählen, die dem Kind später nützen können.

Um, wie der Dichter Victor Hugo schon sagte, die Weitergabe des Lebens zu garantieren.

Also jüngere Paten, voller Lebenskraft und Hoffnung vorschlagen, die Geschenke verdoppeln, die auch von den übergangenen Großeltern kommen werden, und unangenehme Trauer vermeiden.

So geht es weiter.

Französischen von Isabelle Menke


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