"Wir" ist Deutschland. Das kollektiv redende Deutschland-Wir in Beckers Stück ist ein Chor aus den Stimmen des Stadions, des Stammtisches, der Medien, der Politik und der Wohnzimmer. Ein großer Gesang von den deutschen Befindlichkeiten. Aus dem Einzelnen wird die Mannschaft, aus den Mannschaften die Nation. Die kann sich wohlfühlen in ihrem Wir-Gefühl, kann aber - und auch das zeigt das Stück - allzuleicht entgleisen in ihrer Begeisterung. "Wir im Finale" ist ein Spiel ohne Ball und ohne feste Rollen. "Jetzt geht´s los!" rufen die Chöre im Stück und verirren sich dann in ein Stimmenreich, in dem unentwegt von Stolz und Ehre, Perspektiven und Visionen die Rede ist, von großen Dingen, die nur gemeinsam zu vollbringen sind. Es geht um Fußball. Also um alles. Und so werden die Stimmen der Volkssportanhänger zu einem Volkschor. Sie bilden ein Abbild der Gesellschaft, schwanken zwischen Apathie und Euphorie, bewegen und beängstigen. "Mich interessiert, warum die Menschen in diesem Land mehr Emotionen entwickeln, wenn die Fußballnationalmannschaft auftritt, als bei dem Gedanken, was aus ihrer Rente wird", sagt der Autor Marc Becker. Sein Stück erklärt es: Weil Fußball dem Leben einen Sinn zu geben scheint. Weil er den Menschen im Kollektiv über sich hinauswachsen lassen kann. Weil er Gefühle zulässt, die außerhalb des Stadionrunds nicht zugelassen werden. Dass darin auch eine Gefahr liegt, weiß Becker. Sein Stück ist Fußballdrama und sarkastischer Deutschlandkommentar in einem.