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Der Platz des andern

+ d'infos sur le texte de Jean-Luc Lagarce traduit par Mona Petri
mise en scène Anke Bussmann

: Gedanken zum Stück

Was mich zuerst an diesem Stück interessiert hat, war seine Komik, sein Absurdität. Jemand, in diesem Fall eine Frau, führt wortreich, selbstgefällig, gefallsüchtig, oberschlau, vehement und besserwisserisch aus, wie das Leben, die Erfahrungen und deren Analyse sie dagegen gewappnet haben, ein gewisses Missgeschick zu erleiden. Diese Ausführungen flankieren, man ahnt es früh, den Weg in eben dieses Missgeschick, machen ihn sogar unvermeidlich. Das ist dieselbe Komik, die uns bei «Dinner for one», wenn sich das Stolpern über den Tigerteppich als reiner Slapstick zu erschöpfen beginnt, umso mehr lachen lässt, wenn der Stolpernde vorher signalisiert, dass er dazugelernt hat und man so blöde ja erst mal sein müsse, über etwas zu stolpern, was man schon als Gefahrenquelle ausgemacht hat – und dann stolpert.
Was mich allerdings an diesem Stück fesselt, ist, dass der Stolperstein hier nicht auf dem Weg zu einem Ziel und sein unausweichbarer Magnetismus nicht nur einem `shit happens` unter-liegt, sondern seine Anziehungskraft die Sehnsucht nach dem bewusstermassen abgeschabtesten und dennoch reinsten Gefühl – nach Liebe – ist. Und stolpern birgt sowohl die grössten Risiken wie sich lächerlich machen, hängen-, liegen-, sitzenbleiben, ist aber auch der einzige Weg dorthin. Jedenfalls bis die Drive-by-Liebe erfunden ist.
Für mich ist die tiefere Wahrheit, bzw. Aussage dieses Stückes eine fast biblische: Man ahnt, warum uns Gott seinen imperativen Ratschlag erteilt haben könnte, man solle sich kein Bild machen. Wenn man der biblischen Logik folgt, dass er uns nach seinem Ebenbild erschaffen hat, würde das bedeuten: mache dir keines von dir. Und collagiere es schon gar nicht mit dem Bild, das du dir von dem Bild machst, dass sich jemand von dir machen könnte. Der Wunsch, seine Wirkung, sein Leben, sich selbst fest im Griff zu haben, kann sich bei übermässiger Effizienz darin erfüllen, dass man sich eigenhändig stranguliert.
Kein Partner, kein Gefängnis, kein Zwang, keine Notlage kann einen so unfrei machen wie man sich selbst.
Und so schön das mit der inneren Mobilität, der Beweglichkeit, dem Laufen sein kann – wenn es sich dabei um das Weglaufen handelt, den Blick in Angst zurück auf den Flucht-Punkt gerichtet, lässt einen das früher oder später irgendwo dagegen klatschen. Womit wir tragischerweise wieder beim Slapstick wären.

Anke Bussmann

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